Historische Entwicklung

Die Ausdehnung und der Zustand der Wälder wurden und werden in starkem Maße vom Menschen bestimmt. Zu Beginn der ackerbaulichen Tätigkeit, vor etwa 10.000 Jahren, waren schätzungsweise 6,2 Mrd. ha der Erdoberfläche mit Wäldern bedeckt. Etwa ein Drittel davon sind inzwischen in Siedlungs- und landwirtschaftliche Nutzflächen umgewandelt worden. Von den verbliebenen Wäldern ist etwa die Hälfte durch den Menschen verändert.

Regional treten erhebliche Differenzen hinsichtlich des Ausmaßes der menschlichen Eingriffe auf. Während in den nördlichen Breiten und Teilen der Tropen bis heute etwa die Hälfte der Wälder vom Menschen weitgehend unbeeinflusst sind, existieren im Bereich der gemäßigten Zone kaum noch Naturwälder. Das hier früh einsetzende Bevölkerungswachstum und die wirtschaftliche Entwicklung haben bereits im Altertum und Mittelalter zu großflächigen Rodungen der Wälder in Europa und Ostasien geführt. Neben der Schaffung von Siedlungs-, Acker- und Weideland spielten auch die aufkommende Industrie (Erzverhüttung, Salzsiederei usw.), der Schiffbau und die Brennholznutzung eine wichtige Rolle. Aber auch die Nutzung der Streu für die Düngung der Felder sowie die Waldweide haben große Waldgebiete geschädigt. In den USA wurden Wälder nach der Besiedlung durch die Europäer ab dem 17. Jahrhundert in großem Maße gerodet.

Nach Jahrhunderten der Misswirtschaft waren weite Teile der dicht besiedelten Regionen vor allem in Europa entwaldet. Der Holzmangel drohte die weitere wirtschaftliche Entwicklung maßgeblich zu beeinträchtigen. Aus diesem Grund entwickelte sich ausgehend von Mitteleuropa eine geregelte Forstwirtschaft, deren oberstes Ziel es war, nicht mehr Holz zu nutzen als nachwächst. Dieses holzertragsorientierte Nachhaltigkeitsprinzip hat sich bis heute in den meisten Industrieländern erhalten und oftmals zur Ausweitung der Waldflächen geführt. So blieb die Waldfläche in der gemäßigten Zone, mit Ausnahme von China, im Verlaufe dieses Jahrhunderts relativ konstant, wenngleich es sich häufig um künstlich geschaffene, ökologisch instabile Reinbestände aus schnellwachsenden Baumarten handelt. In vielen Ländern der gemäßigten Breiten sind die Wälder jedoch durch die in großen Mengen freigesetzten Schwefeldioxide, Stickstoffoxide, Ammoniak und andere Emissionen gefährdet. Der jahrzehntelange Eintrag dieser Stoffe in die Waldökosysteme hat zu einer erheblichen Veränderung der Standortbedingungen geführt, die in vielen Regionen zu einer besorgniserregenden Destabilisierung bis hin zum Absterben der Wälder führt. Sichtbares Zeichen dafür sind die großflächigen Waldschäden in Europa, die erstmals zu Beginn der 80er Jahre in größerem Ausmaß beobachtet wurden (vgl. Bericht über den Zustand des Waldes 1999).

Die in großen Teilen schwer zugänglichen borealen Wälder waren lange Zeit wenig vom Menschen beeinflusst. Vor dem 18. Jahrhundert beschränkten sich großflächige Rodungen und Holzeinschläge auf Fennoskandien, den europäischen Teil der ehemaligen Sowjetunion und das südliche Kanada. Erst im ausgehenden 19. Jahrhundert fand im Zusammenhang mit den Goldfunden vor allem in Nordamerika eine weitergehende Erschließung der nördlichen Wälder statt. Im Verlaufe des 20. Jahrhunderts setzte sich dieser Prozess fort und erfasste auch die peripher gelegenen Regionen in Sibirien und Nordkanada. Als Folge nahmen der Holzeinschlag, die Ansiedlung von Industrieanlagen und der Abbau von Bodenschätzen zu. Insbesondere in der früheren Sowjetunion haben die damit zusammenhängenden Emissionen sowie eine unpflegliche Bewirtschaftung der Wälder in weiten Gebieten zu einer alarmierenden Destabilisierung der Ökosysteme geführt. In jüngster Zeit ist zudem die unplanmäßige Ausweitung des Holzeinschlags auch in entfernt gelegenen und ökologisch sensiblen Regionen des russischen Fernen Ostens zu beklagen.

In den Tropen sind nennenswerte Rodungen erst im Verlauf des letzten Jahrhunderts, vornehmlich im Zusammenhang mit der Ausweitung von Plantagen, aufgetreten. Vor allem nach dem Zweiten Weltkrieg steigerte sich die Waldvernichtung in den Tropen und erreichte Ende der 80er Jahre eine Rate von 17 Mio. ha pro Jahr. Die wichtigsten Gründe dafür sind die Ausweitung von Viehweiden und Anbauflächen für Exportprodukte sowie der Zuzug von Kleinbauern in die Regenwaldgebiete.

Letzterer geht häufig zurück auf die Verdrängung der Bauern von ihrem angestammten Land bzw. auf gezielte Umsiedlungsprogramme. Zudem spielt die Ausweitung des Holzeinschlags sowie die Erschließung der Tropenwaldregionen für Industrie und Energiewirtschaft eine wichtige Rolle. In den semi-ariden Tropen, vor allem im Umfeld größerer Städte, führt auch die starke Brennholznutzung zur Waldvernichtung und -degradation (vgl. 6. Tropenwaldbericht der Bundesregierung).