Die frühen Ursprünge der Nachhaltigkeit

Waldrodung für Landwirtschaft

Historisch betrachtet, ist der Nachhaltigkeitsgedanke in der Forstwirtschaft tiefer verankert als in vielen anderen Wirtschaftsbranchen. Zum einen deshalb, weil ihre Produktion naturgebunden ist, und zum anderen, weil die Produktion entsprechend dem langsamen Wachstum der Bäume weit in die Zukunft hinein planen muss. Aus diesen Gründen gab es bereits lange vor Hans Carl von Carlowitz und der modernen Forstwirtschaft Ansätze einer nachhaltigen Waldbewirtschaftung oder eines rechtlich bestimmten Waldschutzes. In der Geschichte können spätestens mit dem hohen Mittelalter gesellschaftliche Akteure ausgemacht werden, die zu Trägern einer nachhaltigen Waldbewirtschaftung wurden und eine in Richtung Nachhaltigkeit orientierte Forstgesetzgebung einführten.

Bereits im Hochmittelalter fanden sich auf kommunaler und genossenschaftlicher Ebene („Markgenossenschaften“) Bestrebungen, die Wälder im Gemeindebesitz („Allmenden“) vor Übernutzung und Degradierung zu schützen. Besonders konsequent wurde das in Bergregionen versucht, wo die Wälder über die wirtschaftliche Bedeutung hinaus noch andere lebenswichtige Funktionen für die Kommunen hatten – zum Beispiel als Schutzwälder gegen Lawinen und Steinschlag.

Ebenfalls bereits im hohen Mittelalter begann das Salinenwesen, also der Salzbergbau und die Herstellung von Salz, Rücksicht auf die Zukunftsfähigkeit der Wälder zu nehmen, welche die Produktionsstätten umgaben. Hier fanden Überlegungen zur Daseinsvorsorge ihren Ausdruck im Prinzip des „ewigen Waldes“, das in den Salinenverordnungen der damaligen Zeit festgeschrieben wurde.

Die hochmittelalterlichen Ansätze wurden von den aufkommenden Territorialstaaten und ihren Forstverwaltungen ab dem Spätmittelalter aufgenommen und weiterentwickelt. Gesetze zum Waldschutz von obrigkeitlicher Seite gab es zwar schon gegen Ende des frühen Mittelalters in der Karolingerzeit (zum Beispiel die „Capitullare de Villis“ unter Karl dem Großen), doch beschränkten sich diese weitgehend auf Rodungsverbote oder die Einrichtung von „Bannwäldern“ für die königliche und adelige Jagd. Nur sehr selten bezogen sie sich auf die eigentliche Bewirtschaftung der Wälder.

Für das Spätmittelalter sind nur wenige regionale bzw. lokale Ansätze einer obrigkeitlich gesteuerten, geplanten und daher „modern“ anmutenden Forstwirtschaft überliefert. Hier ist vor allem das Beispiel vom Nürnberger Reichswald zu nennen. Durch die im 12. Jahrhundert vom Rats- und Handelsherr Peter Stromer initiierte planmäßige Aufforstungstechnik wird er als erster „Kunstforst“ der deutschen Geschichte bezeichnet. Stromers Experiment mit den „Nürnberger Nadelwald Saaten“ ist der erste erfolgreiche Versuch, einem zu Ödland degradierten, ehemaligen Laubwald mit Nadelholzarten wieder aufzuforsten.

Im „Policey-Staat“ der frühen Neuzeit wurde der Wald aber endgültig und überall im Reichsgebiet zu einem der wichtigsten Faktoren des Wirtschaftslebens. Zunehmender Bevölkerungsdruck und steigende Beanspruchung durch Bergbau, Gewerbe und Handel führten in einigen Regionen – aber sicher nicht überall – zur Zerstörung der Wälder und zum Phänomen des „Holzmangels“. Der Staat und seine im Aufbau befindlichen Forstverwaltungen gingen ab dem 16. Jahrhundert konsequent gegen die Waldzerstörung vor, setzten Gesetze zur nachhaltigen Bewirtschaftung der Wälder durch und implementierten eine staatliche Forstaufsicht und Forstpolitik. Diese bildeten die Grundlagen für die moderne Forstwirtschaft, die ab dem 18. Jahrhundert den Nachhaltigkeitsgedanken immer mehr in das Zentrum forstwirtschaftlichen Handelns einbezog.