"Nachhaltende Nutzung" – ein Geschenk an die Welt

Der sächsische Oberberghauptmann Hans Carl von Carlowitz, der Begründer der Nachhaltigkeit
Der sächsische Oberberghauptmann Hans Carl von Carlowitz, der Begründer der Nachhaltigkeit

Das heutzutage nahezu überall geforderte Prinzip der „Nachhaltigkeit“ hat seine Ursprünge im frühen 18. Jahrhundert. 1713, also vor genau 300 Jahren, wurde „nachhaltende Nutzung“ als Begriff von dem sächsischen Oberberghauptmann Hans Carl von Carlowitz in seinem für die Forstwirtschaft und Kameralistik grundlegenden Werk „Sylvicultura oeconomica oder Hauswirthliche Nachricht und Naturgemäße Anweisung zur Wilden Baumzucht“ erstmals eingeführt. Von Carlowitz fordert eine „nachhaltende“ Waldbewirtschaftung, bei der nicht mehr Holz geerntet wird als auch wieder nachwächst. Er selbst fasste die  Ziele nachhaltiger Forstpolitik in seinem epochalen Werk so zusammen: Die Ökonomie hat der Wohlfahrt des Gemeinwesens zu dienen. Sie ist zu einem schonenden Umgang mit der gütigen Natur verpflichtet und an die Verantwortung für künftige Generationen gebunden.“

Weitere Infos zum Leben von Hans Carl von Carlowitz

Holzkohlenmeiler

Historischer Kontext

Aufgrund der großen Bedeutung des Waldes, seiner Leistungen und Produkte gerieten die mitteleuropäischen Wälder spätestens im 12. Jahrhundert in vielen Regionen unter großen Druck durch Holzeinschlag, Haus-Vieh im Wald, Streunutzung und andere menschliche Aktivitäten. Bis zum 14. Jahrhundert wurde die Waldfläche des Deutschen Reiches  schätzungsweise auf rund ein Viertel seiner ursprünglichen Ausdehnung dezimiert.

Mehr zur Nachhaltigkeit im Mittelalter

Ein starker Bevölkerungsanstieg ab Ende des 17. Jahrhunderts erhöhte den Druck auf die Ressource Holz erneut. Bedeutend für von Carlowitzs Überlegungen war vor allen Dingen der Raubbau am Wald für den sächsischen Bergbau. In einer der bedeutendsten europäischen Montanreviere hingen Wohl und Wehe am Holz. Eine Holzverknappung hätte den schleichenden Niedergang dieser Industrie aufgrund von Energiemangel bedeutet. Unter diesen Eindrücken schrieb von Carlowitz sein Werk „Sylvicultura Oeconomica“. Im Jahr 1713 wurde es auf der Leipziger Ostermesse vorgestellt.

Titel der Sylvicultura Oeconomica

Klug ausbalanciert

Als Kenner sowohl des Bergbaus als auch der Forstwirtschaft arbeitete von Carlowitz an seinem Buch mit einem, wie man heute sagen würde, interdisziplinären Ansatz. Aber nicht nur seine eigenen weitreichenden Erfahrungen verarbeitete er darin, sondern er integrierte auch die Erkenntnisse der französischen Kameralisten. Aus dieser Synthese entstand „Sylvicultura oeconomica“, das nach Erscheinen im Laufe des 18. Jahrhunderts zur Pflichtlektüre für die Verwaltungen in den deutschen Staaten wurde. Zum ersten Mal wird in diesem Werk wissenschaftlich beschrieben und erklärt, dass die langfristige Nutzung der Natur durch den Menschen nur aufbauend auf den Gedanken des sparsamen und „klugen“ Umgangs mit allen natürlichen Ressourcen durchführbar ist. Der Anbau von Holz ist dabei auf Beständigkeit und Kontinuität auszurichten. Dabei sind die jeweiligen Standortqualitäten – Klima, Boden, Flächengröße, Holzmenge etc. – so zu beachten und zu nutzen, dass eine optimale, d. h. möglichst große und vor allem kontinuierliche, Leistung des Waldes gewährleistet ist. Mehr dazu auch unter Forsteinrichtung.


Von Carlowitz selbst war eher skeptisch, was die konsequente Übertragung seiner Lehren in die forstliche Praxis anging – aber auch hinsichtlich der Erkenntnisfähigkeit der Menschheit im Allgemeinen. Er prophezeite:

„Wenn uns nicht die höchste Noth hierzu zwinget, so wird man sonsten schwerlich daran gehen, ehe und bevor uns das Wasser bis zum Hals und ins Maul reichet.“

Mehr zum Thema heutiger Nachhaltigkeit im deutschen Wald finden Sie auch in der Rubrik Forstwirtschaft.