Wie steht es um unseren Wald wirklich?

Die Leiterin der WZE-Erhebung Thüringen, Forstdirektorin Ines Chmara (Mitte) vom Forstlichen Forschungs- und Kompetenzzentrum Gotha, lässt probehalber Vergleichsbäume durch die Taxatoren einschätzen. Foto: Dr. Horst Sproßmann

Erfurt (hs): „Rund 60 Försterinnen und Förster der Thüringer Landesforstanstalt werden dieser Tage auf dem Krahnberg bei Gotha geschult, um den Gesund-heitszustand unserer Laub- und Nadelbäume einzuschätzen. In den nächsten Wochen strömen die Experten dann aus, um rund 8.500 flächenrepräsentative Probebäume in ganz Thüringen auf ihren Vitalitätszustand hin zu untersuchen“, so Forstministerin Birgit Keller. Durch die okulare Einschätzung von Blatt- und Nadelverlusten in den Baumkronen werden seit 1991 im Freistaat jährlich Infor-mationen über den Gesundheitszustand des Waldes erhoben. Verantwortlich für die Waldzustandserhebung (WZE) ist das Forstliche Forschungs- und Kompetenz-zentrum Gotha (FFK). Die vielfältigen Ergebnisse der Erhebung werden voraus-sichtlich im Dezember 2019 veröffentlicht. In diesem Jahr dürfte auf die Forstex-perten allerdings eine besonders knifflige Aufgabe warten: Denn die extreme Trockenheit der letzten eineinhalb Jahre dominiert die Vitalität des gesamtes Ökosystems Wald.


Fernglas und Schreibbrett als Diagnosehelfer
Die Schulungsteilnehmer werden an „Vergleichsbäumen“ für die anstehende optische Taxation der Baumkronen fit gemacht. „Mit einem Fernglas erfassen die Experten baumartenspezifisch die Vergilbung sowie den Verlust an Nadel- bzw. Blattmasse in den Baumkronen und weitere Parameter“, so Jörn Ripken, Thürin-genForst-Vorstand. Voraussichtlich im Dezember 2019 werden die Ergebnisse der diesjährigen Thüringer Waldzustandserhebung vorgestellt.


Sondermerkmal Trockenheit wird verstärkt zu nutzen sein
Erstmals im „Jahrhundertsommer 2003“ wurde bei der WZE das Sondermerkmal Trockenheit als Ursache für den erfassten Nadel- bzw. Blattverlust eingeführt. Dieses Sondermerkmal wird, nach 2018, nunmehr in diesem Jahr maßgeblich die Taxationsarbeiten bestimmen. Vergeben wird das Sondermerkmal, wenn es für die Taxatoren eindeutig ist, dass für den festgestellten Nadel- bzw. Blattverlust keinen andere Ursache als eine nicht ausreichende Wasserversorgung des Bau-mes geben kann. Dies erfordert umfassende waldbiologische Kenntnisse, denn im „Ausschlussverfahren“ müssen Merkmale wie Fruchtbildung, Pilz- oder Käferbefall als Ursache einer schütteren oder fehlenden Kronenbenadelung bzw. -belaubung geklärt werden.


ThüringenForst mit umfangreichen Umwelt- und Waldmonitoring
Mit der systematischen Erfassung des Waldzustandes wurde in den frühen 1980er Jahren unter dem Eindruck des „Waldsterbens“ begonnen. Damals waren die Wälder akut durch Industrie-Abgase, insbe-sondere Schwefeldioxid, bedroht. Damals hat die Gesellschaft und Politik mit der Einführung von Rauchgasentschwefelungsanlagen und Katalysatoren schnell und effektiv reagiert. Die Emissionen von Schwefeldioxid wurden europaweit extrem reduziert. Es erfolgte zudem eine intensive Waldkalkung und der Wald konnte sich erholen. Die Herausforderungen, die sich heute im Zusammenhang mit dem Klimawandel stellen sind dagegen ungleich komplexer. Die Waldschadensforschung wurde seit den 80er Jahren maßgeblich ausgebaut, nach 1989 auch im Freistaat Thüringen. Heute verfügt ThüringenForst über ein umfangreiches Umwelt- und Waldmonitoringsystem, dass jährlich verlässliche Aussagen nicht nur zur Waldgesundheit, sondern auch zur Vitalität des gesamten Ökosystems Wald liefert.

 

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