Wenn Eis und Schnee die Äste brechen

Die in diesem Winter außergewöhnlich starken Nachtfröste wie auch erheblichen Schneemengen haben bis jetzt in Thüringens Mittelgebirgslagen kaum größere Schäden verursacht. Foto: Dr. Horst Sproßmann

Erfurt Kontinentaler Frost aus dem Osten, große Schneemengen aus dem Westen – derzeit erlebt Thüringen einen heftigen Wintereinbruch. Manch ein Naturfreund macht sich Gedanken um die 330 Millionen Waldbäume im Freistaat, die rund ein Drittel der Landesfläche ausmachen. Welche Auswirkungen haben derart starke Wintereinbrüche auf die heimischen Nadel- und Laubbäume. Viele Thüringer erinnern sich noch an die katastrophalen Schneebruchschäden 1980, 1982 und 1985, die zusammen mehrere Millionen Festmeter Bruchholz allein in den ehemaligen Bezirken Erfurt, Gera und Suhl zur Folge hatten. Aktuell ist festzustellen, dass die großen Schneemengen und tiefen Frosttemperaturen zu keinen größeren Schäden in Thüringens Wäldern geführt haben.

 

Große Schneemengen und tiefe Frosttemperaturen bis jetzt ohne größere Folgen

„Es sind spezifische Witterungsereignisse, die zu starken Eis- oder Schneeauflagen führen, schlimmstenfalls beides zugleich oder kurz nacheinander, und dann große Schäden in Waldbeständen verursachen“, so Volker Gebhardt, ThüringenForst-Vorstand. So sind nicht nur große Nassschneemengen problematisch, auch unterkühlter Regen kann für Baumkronen und –äste zu einer Tonnenlast werden, die schlicht aus physikalischen Gründen zum Bruch führen. Da ist es für die betroffenen Waldbesitzer und Förster nur ein geringer Trost, dass derartige Bruchschäden vorwiegend in der Höhenlage zwischen 600 und 900 Metern auftreten. Besonders gefährdet sind Fichtenbestände in Mittelgebirgslage – im Freistaat nicht selten, hat die Fichte in diesen Lagen doch ihr natürliches Verbreitungsgebiet. Neben unmittelbaren Bruchschäden sind die Folgeschäden bei den Grünröcken gefürchtet: Nachbrüche, Pilzschäden, Borkenkäferbefall sowie Zuwachsverluste.

 

Die Natur hilft sich selbst: Mit Lokalrassen

Während sich der Laie wundert, warum Fichten da natürlich wachsen, wo Schnee und Eis sie doch häufig zu brechen drohen, erläutern Forstleute ein interessantes Phänomen: Im Rahmen der Evolution haben sich z. B. im Raum Oberhof spezielleFichten, die sog. Schloßbergfichten, herausgebildet, deren extrem steile Kronenform große Schneelasten rechtzeitig abrutschen lässt. Experten sprechen von Provenienzen, da diese Eigenschaften im Baum genetisch verankert sind. In der Nachkriegsnot haben die Altvorderen nach 1945 Tieflandfichten in den von Reparationshieben devastierten Thüringer Wald gepflanzt, die schnell Opfer der Schnee- und Eismassen wurden. Heute ist ThüringenForst im Rahmen der Wiederbewaldung verstärkt um die Wiederverbreitung der Schloßbergfichte bemüht. Da die wenigen, oft über 200jährigen Altexemplare nur noch selten fruktifizieren, setzt ThüringenForst auf den Erhalt und die vegetative Vermehrung dieser Provenienz.

 

Klimaerwärmung bringt globale Warm-Kaltverteilung durcheinander

Nach Einschätzung des auch international renommierten Potsdamer Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) dürften aber Witterungsextreme mit großen Mengen Eis- und Schnee künftig zunehmen. Der Klimawandel führt dazu, dass u. a. die globale Abfolge von Hoch- und Tiefdruckgebieten zunehmend durcheinander gerät. Mit häufigeren arktischen Kaltlufteinbrüchen im Winter ist künftig auch im Freistaat zu rechnen. Keine gute Aussicht für unsere Wälder – und auch nicht für die Waldbesitzer.

 

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