(Berlin/München) Das Lernen unterm Blätterdach bietet enorme Chancen für die Bildung und Entwicklung von Schulkindern, sind die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald Landesverband Bayern (SDW) und der Bund Deutscher Forstleute (BDF) überzeugt. „Die Möglichkeiten zum Einrichten von Waldklassenzimmern sind in unseren Wäldern enorm und würden sicher von vielen unserer Mitglieder positiv unterstützt“, ist sich Bundesvorsitzender Ulrich Dohle sicher, dessen Verband fast zehntausend Forstleute in der ganzen Bundesrepublik vertritt. Eine wichtige Vorarbeit hat nun der bayerische Landesverband der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald geleistet.
„Wir haben über sechs Jahre ein Konzept entwickelt und erfolgreich erprobt, mithilfe dessen Grundschullehrkräfte ihren Unterricht ohne große Vorbereitung im Wald umsetzen können. Das Ergebnis sind die „Unterricht im Wald“ (UIW)-Ordner“, berichtet Simon Tangerding von der SDW Bayern. „In sieben Fächern lassen sich damit 127 verschiedene Unterrichtsstunden - auch fächerübergreifend - gestalten, von A wie Achsensymmetrie über Ausdauerspiele, Lesen und Schreiben, Tiere im Wald und Wortschatzarbeit bis Z wie Zahlenraumerweiterung.“ Das Konzept wurde von einem multiprofessionellen Team in Zusammenarbeit mit dem Münchener Institut für Schulqualität und Bildungsforschung (ISB) lehrplankonform gestaltet und ist in zwei Material-Ordnern sowie einem begleitenden Bildkartenordner für die vier Grundschulstufen für interessierte Schulen veröffentlicht. Lehrkräfte und Eltern können nach gemeinsamer Überzeugung von SDW und BDF für ihre Kinder beim Draußenlernen viel mehr erreichen, denn das regelmäßige und praxisnahe Lernen im Wald ist nicht nur motivierender und anschaulicher, es wirkt auch stressreduzierend und gesundheitsfördernd und kann positive Einflüsse auf die innere Zufriedenheit der Kinder haben.
Um den Start ins Draußenlernen zu erleichtern, können Lehrkräfte sich für eine kostenlose UIW-Fortbildung anmelden. „Unterricht im Wald“ ist Teil des „Netzwerks Draußenlernen“, welches sich für mehr Unterricht außerhalb des Schulgebäudes, in Natur, Kultur, Kommunen und der Gesellschaft einsetzt. Der bekannte OECD-Bildungsdirektor Andreas Schleicher lobte das Draußenlernen kürzlich als "vielversprechend": „(...) Ich bin überzeugt, dass sich viele der für die Zukunft entscheidenden Kompetenzen viel besser außerhalb als innerhalb des Klassenzimmers entwickeln lassen."
Hintergrund
Wie geht Lernen im Freien praktisch?
Draußenlernen ist keine Schönwetterveranstaltung, sondern es funktioniert unter fast allen Wetterbedingungen, wie auch die 2.000 Natur- und Waldkindergärten zeigen. Sicherheitsvorkehrungen, passende (Wechsel)Kleidung und Regenschutz gehören dazu. Die Erfahrungen zeigen, dass der Weg zum Wald (Draußenlernort) nicht zu lang sein darf und dass regelmäßiger Draußenunterricht sinnvoll ist. Ebenso das wiederholte Aufsuchen des gleichen (Wald)Gebietes. Zu den Regularien gibt es informative Handreichungen, an denen sich interessierte Eltern und Schulen gut orientieren können:
- Handreichung TU München, PH Heidelberg und SDW Bayern https://www.draussenlernen.net/_files/ugd/c010fb_6291e3a956e9450382ff5b6fe0ad6805.pdf
- Praxisnahe Tipps der Grundschule Otterbach/Rheinland-Pfalz „Zum Einführen einer Draußenklasse“ http://wir-retten-jetzt-die-welt.de/blog.php
Unterricht im Wald (UIW) – Konzept der SDW Bayern:
- Ergebnis der Zusammenarbeit eines multiprofessionellen Teams aus Schule, Design, Wald
- Arbeitskooperation mit dem ISB (Institut für Schulqualität und Bildungsforschung in München), um die Materialien lehrplankonform zu gestalten
- 6 Jahre Entwicklungs- und Erprobungszeit
- Produkt: Unterrichtseinheiten in zwei Ordern für Klassen 1&2 sowie 3&4 für 7 Fächer (auch fächerübergreifend) und ein Bildkartenordner
- Mit den beiden Ordnern können 127 verschiedene Unterrichtsstunden gestaltet werden – von A wie Achsensymmetrie über Ausdauerspiele, Lesen und Schreiben, Tiere im Wald und Wortschatzarbeit bis Z wie Zahlenraumerweiterung
- Türöffner und Wegbegleiter für regelmäßigen und niederschwelligen Unterricht im Wald
- Gründe für Unterricht im Wald:
- Der Lernort ist zugleich Lerngegenstand. So wird das Lernen praxisnah, (be)-greifbar und nachhaltig.
- Regelmäßige, wöchentlich wiederkehrende Waldtage können die Verbundenheit und Vertrautheit mit der Natur fördern.
- Alle Beteiligten profitieren von der gesundheitsfördernden und stressreduzierenden Wirkung des Waldes.
- Studien belegen: Dadurch, dass Schüler*innen sich mehr an der frischen Luft bewegen, wird die intrinsische Motivation gestärkt.
- Die Arbeit in und mit der Natur kann Nachhaltigkeit für Lernende begreifbar machen und fördert die Entwicklung von Kompetenzen zur gemeinsamen Gestaltung einer lebenswerten Zukunft (BNE).
- Neben den Ordnern und einem Fortbildungskonzept, mit dem die SDW Bayern kostenlos bayernweit Fortbildungen zu UIW gibt, erweitert die SDW Bayern ihre Arbeit hin zur Unterstützung bei der Entwicklung einer Draußenlern-Schulkultur.
Gefördert von der Bürgerstiftung München werden im neuen Schuljahr einige Münchner Schulen bei der Verankerung von Draußenlernen begleitet.
- Ein anderes Projekt der SDW Bayern ist CoTransform, ein von der LMU München organisiertes Projekt im LK Freising, welches Grundschulen dabei unterstützt, zukunftsfähiges Lernen zu fördern. Mit zwei Schulen werden Schulwälder eingerichtet und die Entwicklung zur „Waldschule“ wird begleitet.
- Unterricht im Wald breitet sich nun auch in andere Bundesländer aus und Kooperationen mit weiteren SDW-Landesverbänden sind angedacht.
- Link: www.unterrichtimwald.de
Draußenlernen – ein Konzept nicht nur für den Wald
- Das Netzwerk Draußenlernen wurde im November 2021 gegründet: "Das Netzwerk Draußenlernen hat das Ziel, dass Lernen regelmäßig und im Schulalltag integriert draußen - also in der Natur, Kultur, Kommune und Gesellschaft außerhalb des Schulgebäudes stattfindet. Lernbegleiter*innen sowie Lernende setzen sich “draußen” ganzheitlich und im authentischen Kontext mit ökologischen, kulturellen, sozialen und wirtschaftlichen Zusammenhängen auseinander. So wird Bildung zukunftsfähig."
- Jährliche bundesweite Draußenlern-Tagung mit weit über 100 Teilnehmenden, nächste Tagung von 24.-26.10.2024 in Pielenhofen bei Regensburg (BY), Infos unter https://www.draussenlernen.net/tagung
- regelmäßige, kostenlose Online-Austauschtreffen rund um Themen des Draußenlernens
- mehr und mehr bekannte Form des Lernens
- Die Arbeit des Netzwerks Draußenlernen wurde von OECD-Bildungsdirektor Andreas Schleicher erst kürzlich als "vielversprechend" gelobt: "(...) Ich bin überzeugt, dass sich viele der für die Zukunft entscheidenden Kompetenzen viel besser außerhalb als innerhalb des Klassenzimmers entwickeln lassen."
- www.draussenlernen.net
International
Vorreiter beim Draußenlernen im europäischen Raum sind
Schweden und Dänemark mit der sog. Udeskole (Materialien der Udeskole auf Dänisch: https://udeskole.nu/); die Schweizer Stiftung SILVIVA (www.silviva.ch); Großbritannien mit Learning through Landscapes (www.ltl.org.uk); das Waldland Finnland wirbt bei sich für Klassenräume in der nahen Natur (https://ulkoluokka.fi/en/).
Weltweit gibt es viele gute Beispiele für Outdoor Education und erfolgreich erprobte Lernformate im Bereich des Draußenlernens wie z. B. Service Learning.