Schritt für Schritt von der Kahlfläche zum bunten Mischwald

Kinder und Freiwillige helfen bei der Wiederbewaldung im Harz

Quelle: Niedersächsische Landesforsten - Ende April pflanzten Freiwillige in den Landesforsten Flatterulmen bei St. Andreasberg. Neue Baumarten bereichern inzwischen die ehemalige Bergbaulandschaft und schaffen abwechslungsreiche und klimastabile Wirtschaftswälder.

(St. Andreasberg) Schritt für Schritt weichen die einstigen Fichtenreinbestände im Niedersächsischen Forstamt Lauterberg einem ganz neuen Waldbild. Viele verschiedene Baumarten zählen dazu, welche in der Forstwirtschaft lange keine große Rolle mehr gespielt haben und nun wieder in den Fokus rücken. Im Revier Andreasberg haben Ende April zahlreiche Großstadt-Kinder mit ihren Eltern und andere Freiwillige fast 2000 sogenannte Edellaubbäume gepflanzt. So unterstützen sie Revierförster Tobias Rauhut bei seinem Waldumbau. Es war bereits die dritte Pflanzaktion dieser Art, die der Förster in seinem Revier zusammen mit den Forstleuten Claudia und Andreas Quandt organisiert hatte. Die ursprüngliche Initiative kam von Prof. Dr. Axel Haverich von der Medizinischen Hochschule in Hannover. Die Teilnehmer waren sowohl aus der näheren Umgebung aber auch aus weit entfernten Städten angereist. Viele kamen aus Hannover, den weitesten Weg legte eine Familie aus Berlin zurück. Sie alle verband das große Interesse an der Wiederbewaldung des Harzes, der unter dem Klimawandel und Borkenkäfern besonders geplagt ist.

 

Edellaubbäume – selten, anspruchsvoll und schmackhaft

Die motivierte Truppe hatte in zwei unterschiedlichen Revierteilen rund 1000 Flatterulmen und 900 Bergahorne gepflanzt. Beide Baumarten gehören zur Gruppe der Edellaubhölzer, welche eher seltene Laubbäume umfasst, die nährstoffreichere Böden bevorzugen. Zuvor waren bereits Zäune aus Holz errichtet worden, um die jungen Bäume vor Verbiss durch Rehe und Rotwild zu schützen. Edellaubbäume sind beim Wild besonders gerne auf der Speisekarte gesehen und daher stärker gefährdet als andere Baumarten wie die eher anspruchslose Fichte. Zwei Jahr zuvor waren beide weitesgehend nur mit Fichten bestockten Parzellen im Zuge der Borkenkäferkalamität abgestorben. In den Folgejahren wurden die toten Fichtenbestände Stück für Stück geräumt, um neue Baumarten pflanzen zu können und so die Weichen für einen artenreichen Mischwald zu stellen. „Die beiden bepflanzten Teilflächen wirken angesichts der großen entstandenen Kahlfläche auf den ersten Blick wie ein Tropfen auf den heißen Stein. Aber solche „Inseln“ erfüllen als Initiale eine sehr wichtige Aufgabe“, erklärte Revierleiter Tobias Rauhut den Teilnehmenden und erläutert weiter: „denn von hier aus können die gepflanzten Ahorne und Ulmen in den nächsten Jahrzehnten ihre Samen verteilen und sich so allmählich weiter ausbreiten“.

 

Pflanzen erzählen uns vom Boden

Damit die von den Kindern und ihren Eltern gepflanzten Bäume die besten Bedingungen zum Wachsen und Gedeihen bekommen, hat der Förster vor der Pflanzaktion und dem Bau der Holzzäune zunächst die Bereiche mit der besten Nährstoffversorgung identifiziert. Hierzu orientiert er sich an sogenannten Standortskarten aber auch an der vorhandenen Bodenvegetation. Die verschiedenen Blumen, Gräser und Kräuter geben ihm Auskunft darüber, wie gut der Boden mit Nährstoffen und Wasser versorgt ist. Zur Versorgung der fleißigen Pflanzer trugen alle gemeinschaftlich bei. Zusammen mit dem zum Pflanzen optimalen Wetter halfen Getränke und kleine Snacks dabei, die Laune aufrechtzuerhalten. Revierleiter Tobias Rauhut ist sichtlich zufrieden mit der Aktion: „Es war wirklich ein gelungener Einsatz, der hoffentlich zur nachhaltigen Wiederbewaldung der Kahlflächen beitragen wird. Eine weitere derartige Pflanzaktion mit freiwilligen Kräften kann ich mir in jedem Fall auch für die nächste Pflanzsaison sehr gut vorstellen.“

 

Hintergrund

Beide Revierbereiche in der Nähe von St. Andreasberg, in denen sich die Pflanzflächen befinden, wurden um 1950 im Zuge der sogenannten „Reparationshiebe“ kahlgeschlagen. Mit Holz aus dem Harz hatte Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg den Alliierten einen Ausgleich der verursachten Kriegsschäden zu leisten. Im Anschluss wurden sie erneut mit Fichten wiederaufgeforstet. Damals erhoffte man sich von der schnell wachsenden Nadelbaumart eine möglichst baldige Ernte. Denn der Wiederaufbau zerstörter Häuser, Dörfer und Städte erforderte eine Menge qualitativ hochwertigen Bauholzes und führte zu einem regelrechten Holzhunger. Heute stehen neben der Bereitstellung des nachhaltigen Rohstoffs Holz ganz andere Interessen im Vordergrund. So geht es bei der heutigen Wiederbewaldung des Harzes vielmehr darum, einen klimaangepassten und stabilen Mischwald zu gestalten.

Und wer nicht selber zum Spaten oder Pflanzhacke greifen möchte: Mit der Klima-Aktion-Wald bieten die Niedersächsischen Landesforsten die Möglichkeit, einen finanziellen Beitrag zur Wiederbewaldung und somit zum Klimaschutz zu leisten. www.klima-aktion-wald.de