Regierungsberater empfehlen Korrektur der CO2-Senkenziele im Klimaschutzgesetz

Wissenschaftlicher Beirat für Waldpolitik untermauert Position der AGDW - Wegen der Folgen des Klimawandels sind die Ziele im Klimaschutzgesetz unrealistisch - Stellungnahme zur Bundeswaldinventur

Die im deutschen Klimaschutzgesetz fixierten Ziele zur Senkenleistung des Waldes erscheinen angesichts der Auswirkungen des Klimawandels als unrealistisch und sollten angepasst werden. Das geht aus der heute vorgelegten Stellungnahme des Wissenschaftlichen Beirats für Waldpolitik beim Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (WBW) zur Bundeswaldinventur hervor. Neben der Korrektur der Senkenziele plädieren die Wissenschaftler dafür, den sogenannten LULUCF-Sektor (Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft), zu dem die Wälder gezählt werden, in die übergreifende Gesamtrechnung des Klimaschutzgesetzes (KSG) einzubeziehen.

„Wir sehen uns durch die Erkenntnisse und Empfehlungen des Wissenschaftlichen Beirats in unseren zentralen klimapolitischen Forderungen klar bestätigt“, erklärt AGDW-Präsident Prof. Andreas Bitter. „Nun ist die Politik am Zuge, drohenden Verwerfungen in der Forstwirtschaft zuvorzukommen, auch im Interesse des Klimaschutzes.“

 

Mit seiner Stellungnahme ordnet der Wissenschaftliche Beirat die Ergebnisse der jüngsten Bundeswaldinventur ein, wonach die CO2-Speicherleistung des Waldes aufgrund der Folgen der Klimakrise in den vergangenen Jahren nicht weiter zugenommen hat. Trotz dieser Entwicklung soll laut Klimaschutzgesetz die Senkenwirkung des LULUCF-Sektors - gespeist vor allem durch die Kohlenstoff-Speicherleistung des Waldes - 25 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente (CO2-Äq.) im Jahr 2030 erreichen, um bis 2045 auf 40 Mio. t CO2-Äq. zu steigen. Der WBW hatte schon 2021 vor den starren gesetzlichen Vorgaben zur Senkenleistung des Waldes gewarnt.

 

Diese Vorgaben kritisieren die Regierungsberater jetzt deutlich: „Ein statisches Gesetz ist offenbar wenig geeignet, um eine dynamische Natur und eine dynamische Gesellschaft zielgerichtet zu steuern“, heißt es in der Stellungnahme, die nicht nur auf die in Deutschland, sondern auch weltweit zunehmende Störungen von Wäldern aufgrund der Klimakrise hinweist. Der WBW warnt vor dem Hintergrund dieser durch die Erderhitzung bedingten Störungen davor, die Klimaschutzleistungen des Waldes zu überschätzen.

 

Finger in die Wunde gelegt

 

„Der Wissenschaftliche Beirat legt den Finger in die Wunde der deutschen Klimapolitik. Die für den Wald entgegen der waldbaulichen Vernunft politisch fixierten CO2-Senkenziele und die damit angestrebten Holzvorräte sind deutlich zu hoch angesetzt“, konstatiert AGDW-Präsident Bitter. Die AGDW verlangt daher eine entsprechende Reform der LULUCF-Verordnung der Europäischen Union ebenso wie des auf ihr fußenden deutschen Klimaschutzgesetzes. Diese Forderung ist auch im Positionspapier der AGDW zur Bundestagswahl enthalten. „Wir werden die Parteien und ihre Kandidaten an ihrer Haltung zu unseren Forderungen messen“, unterstreicht Bitter.

 

Bleiben die realitätsfernen LULUCF-Senkenziele im Gesetz hingegen bestehen, drohen massive Nachteile für den Wald, in der Forstwirtschaft und in nachgelagerten Branchen. Wie aus der Stellungnahme des Wissenschaftlichen Beirats hervorgeht, ließe sich die klimabedingte Minderleistung des LULUCF-Sektors allenfalls durch eine massive Einschränkung der Holznutzung kompensieren. Rechnerisch wäre die Einstellung der Holznutzung auf 40 Prozent der Waldfläche im Jahr 2040 nötig, um die bisher gesetzlich fixierten CO2-Speicherziele doch noch zu erreichen. „Die Verwirklichung eines solchen in der Stellungnahme auch nur als theoretisches Potenzial bezeichneten Szenarios würde vor allem Gefahren mit sich bringen. Denn überhöhte Holzvorräte werden zum Risiko, da die Wälder dann vielfach dunkler, strukturärmer, instabiler und weniger resilient werden. Zum anderen wären im Cluster Forst und Holz mit seinen mehr als eine Million Beschäftigten ein Abwandern von Unternehmen und massive Jobverluste die Folge“, warnt Prof. Bitter und appelliert: „Wir müssen den Cluster Forst und Holz im Interesse des Klimaschutzes stärken, statt ihn durch realitätsferne Senkenziele zu gefährden.“

 

Derzeit erfasst das Klimaschutzgesetz nur einen Ausschnitt der Klimaschutzleistung des Waldes, nämlich seine Kohlenstoff-Speicherleistung und die Verwendung von Holzprodukten im Inland. Hingegen bleibt der Ersatz klimaschädlicher fossiler Rohstoffe durch den nachwachsenden Rohstoff Holz außen vor, ebenso wie der Export klimaschonender Holzerzeugnisse. „Wir müssen in Deutschland endlich zu einer umfassenden und fairen Gesamtbetrachtung des Waldes, seiner Leistungen und Produkte in der CO2-Bilanzierung gelangen. Das nützt dem Klimaschutz ebenso wie Wirtschaft und Gesellschaft“, mahnt AGDW-Präsident Bitter.

 


Pressemitteilung: AGDW – Die  Waldeigentümer e.V.

 

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