Deutsche Waldtage: Wanderer treffen Förster

Statt durch dunkle Fichtenwälder wanderten die Teilnehmer über einen weitgehend entwaldeten Berghang. Foto: Landesforsten/Rainer Städing

(Bad Iburg/Teutoburger Wald) Es war wohl das erste Mal, dass sich der Präsident des Deutschen Wanderverbandes (DWV), Dr. Hans-Ulrich Rauchfuß zusammen mit dem Präsidenten des Deutschen Forstwirtschaftsrates (DFWR), Georg Schirmbeck gemeinsam auf eine Waldwanderung machten, um sich von Vertretern der Niedersächsischen Landesforsten und dem Privatwald vor Ort über den Wald im Klimawandel zu informieren. Auch die Abgeordneten Martin Bäumer (MdL) und Dr. André Berghegger (MdB), sowie Kreisrat Dr. Winfried Wilkens nahmen an dem Waldbegang am vorigen Wochenende teil. Während Georg Schirmbeck in seiner Begrüßung betonte, dass 310 Jahre nach von Carlowitz und seiner „Erfindung“ der Nachhaltigkeit „die Probleme im Wald noch nie so groß waren“ äußerte auch Hans-Ulrich Rauchfuß die Betroffenheit der Wandervereine: „Der Wald ist uns Wanderern mit seinen vielfältigen Funktionen ausgesprochen wichtig und seine Bewirtschaftung braucht Geduld über Generationen, das vermitteln wir auch unseren DWV-Wanderführern“. Die Klima- und Schädlingsschäden seien immens und es sei notwendig, zwischen Wandervereinen und Förstern über den Dialog Verbindung zu schaffen.

Forstamtsleiter Reinhard Ferchland von den Landesforsten führte in den Dörenberg, einen aus standörtlichen Gründen von Fichten dominiertes Waldgebiet, in dem die Landesforsten und die privaten Waldbesitzer in den letzten drei Jahren große Fichtenflächen durch Sturm, Dürre und Borkenkäfer verloren haben. Statt durch dunkle schattige Fichtenwälder ging es überwiegend durch abgeräumte Schadensflächen. „Gemäß unserer Richtlinie zur klimaangepassten Baumartenwahl setzen wir hier künftig verstärkt auf Eiche, Douglasie und die Buche als Begleitbaumart. Auf tiefgründigen Standorten kann die Buche dominieren, in trockenen Bereichen sind auch Roteiche und sogar Kiefer vorstellbar“, schilderte Ferchland die Planungen für die Zukunft.

Für den Privatwald erläuterte Christoph Dries, Bezirksförster bei der Landwirtschaftskammer, die Schwierigkeiten über 600 Waldbesitzer mit zum Teil nur 30 Meter breiten Waldparzellen in dieser Situation angemessen zu betreuen und die Wiederbewaldung und die Förderungsbürokratie zu organisieren. „Der Wille, wiederaufzuforsten und etwas für den Klimaschutz zu tun, ist auch bei meinen Waldbesitzern sehr groß.“ Einigkeit bestand in der Runde, dass die Förderungsabläufe deutlich vereinfacht werden müssten. Das es auch einfacher gehen kann zeigte der Landkreis Osnabrück, so Privatwaldvertreter Johannes Meyer, der vollkommen unbürokratisch zweihunderttausend Euro zur Borkenkäferbekämpfung zur Verfügung gestellt habe. „Das hat uns in dieser Situation gerettet.“

In der Diskussion um die CO2-Bindung der künftigen Wälder wies Georg Schirmbeck darauf hin, dass der Holzverkauf als die einzige Einnahmequelle für die meisten Waldbesitzenden heute nicht mehr funktioniere. Die Forstwirtschaft müsse an neuen Finanzierungsmodellen für die Forstbetriebe arbeiten, dazu könne beispielsweise eine flächenabhängige CO2-Prämie einen wichtigen Beitrag leisten. „Gleichzeitig leisten der Baustoff Holz und Holzwerkstoffe aus nachhaltiger Forstwirtschaft einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz, in dem sie energieintensive Rohstoffe wie Alu und Stahl ersetzen können“, betont Schirmbeck. „Ohne diesen Beitrag sind die Klimaschutzziele nicht zu erreichen.“

An einem nach Forstarbeiten frisch instandgesetzten Waldweg erläuterte Reinhard Ferchland das Wegunterhaltungskonzept der Niedersächsischen Landesforsten, die eine Wegeinfrastruktur von gut zehntausend Kilometern in ihren Wäldern unterhalten. Für Ute Dicks, Geschäftsführerin des Deutschen Wanderverbandes (DWV) sind Forstwege zwar Bestandteil der Wanderwegenetze. Das Interesse an naturnahen Wegen sei bei den über vierzig Millionen Wanderern jedoch sehr hoch. „Wir stellen fest, dass ihr Anteil bundesweit leider zurückgeht. Sowohl für den Biotopschutz wie auch für Wanderer sind naturbelassene Wege und Pfade bedeutend, daher brauchen wir Wanderwegekonzepte, damit nicht weitere Pfade verloren gehen. Wir können den dafür notwendigen Schulterschluss nur im gemeinsamen Dialog mit allen Beteiligten realisieren.“ Sabine Böhme vom Naturpark Terra.vita sieht sich dafür in der Region auf einem guten Weg: „Wir haben ein regionales Qualitätsversprechen, dabei ist es das Wichtigste, mit allen Interessensgruppen zu kommunizieren. Unsere Besucher sind äußerst dankbar für unsere Infrastruktur und wir sind durch unseren Gesprächskreis Forst und Tourismus im regelmäßigen Austausch.“ Dies bestätigte Johannes Meyer für die Privatwaldbesitzer: „Wanderer und Touristen sind auch im Privatwald für die ruhige Erholung willkommen.“ Dicks (DWV) wies darauf hin, dass die Wandervereine ehrenamtlich über zweihunderttausend Kilometer Wanderwege betreuen, dass es für den Natursport Wandern und dessen Infrastruktur aber in den Ministerien keine Zuständigkeiten gäbe. „Elf Milliarden Euro Umsatz und 144.000 Arbeitsplätze generiert der Wandertourismus als Wirtschaftsfaktor, dabei ist der enorm hohe Erholungsfaktor für die BürgerInnen in Coronazeiten noch nicht berücksichtigt“, so Dicks. Aus der Diskussion ergab sich, dass die Förderung für die Wegearbeit der Wandervereine, wie auch für Forstwegebau in Sachen Pfade und naturnahe Wege um einen Fördertatbestand zur Sicherung der Wanderwegequalität ergänzt werden sollten.

Die Präsidenten des Deutschen Forstwirtschaftsrat und des Deutschen Wanderverbandes bekräftigten zum Abschluss ihre Absicht künftig enger zusammenzuarbeiten. „Zwei Millionen Waldbesitzer bekommen derzeit viel Unterstützung und Solidarität aus der Gesellschaft und gleichzeitig entdecken seit Corona immer mehr Menschen den Wald als Erholungsraum. Daher brauchen auch Wandervereine für ihre Arbeit mehr Anerkennung, es lohnt die jetzt begonnene Zusammenarbeit im Sinne der gesellschaftlichen Aufgaben zu vertiefen“, resümierte Georg Schirmbeck als Repräsentant der Forstleute und Waldbesitzenden.

 

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